„Ein Pilger ist der, welcher geht, und der, welcher sucht.“ Eine Längsschnittstudie zu Lebenssinn & Lebensbedeutungen bei Pilgern des Jakobswegs

Pali, S. (2010). „Ein Pilger ist der, welcher geht, und der, welcher sucht.“ Eine Längsschnittstudie zu Lebenssinn & Lebensbedeutungen bei Pilgern des Jakobswegs. (Universität Innsbruck: Unveröffentlichte Diplomarbeit)

Im Fokus dieser vorliegenden Arbeit steht die Fragestellung, ob sich potentielle Pilger des Jakobswegs in ihren Lebensbedeutungen, Lebenssinn und Sinnkrise von der Normalbevölkerung unterscheiden und ob die Erfahrung des Pilgerns eine Veränderung in diesen Bereichen auslöst.

Die Daten wurden mithilfe einer Online-Version des Fragebogens zu Lebensbedeutungen und Lebenssinn (LeBe von Schnell & Becker, 2007) gewonnen. Die Pilger wurden aufgefordert, den Fragebogen vor dem Pilgern auszufüllen (T1), bis zu zwei Wochen nach dem Pilgern (T2) und vier Monate danach (T3) um mögliche Veränderungen feststellen zu können. 85 potentielle Pilger nahmen zum ersten Messzeitpunkt teil, 46 Teilnehmer konnten für eine Erhebung zu allen drei Messzeitpunkten gewonnen werden.

Zusammenfassend kann man sagen, dass potentielle Pilger in den Skalen Sinnkrise, Selbsterkenntnis, Herausforderung und Freiheit und in der Dimension Selbstverwirklichung im Vergleich zur Normstichprobe weitaus höhere Werte aufweisen. In der Dimension Ordnung zeigen sie hingegen signifikant niedrigere Ausprägungen. Keine Unterschiede hingegen fanden sich in der Skala Naturverbundenheit und in der Dimension Selbsttranszendenz vertikal. Potentielle Pilger scheinen also Menschen zu sein, die auf der Suche nach Selbsterkenntnis und neuen Erfahrungen sind, dabei wenig orientiert an Tradition und Bodenständigkeit und die (noch) keinen besonders starken Bezug zur Natur und zu transzendenten Inhalten haben. Das erhöhte Maß an Sinnkrise erklärt vielleicht unter anderem den Wunsch, aus alltäglichen Strukturen auszubrechen und den eigenen Weg zu finden.

Das Pilgern übt einen hoch signifikanten Einfluss auf die Entwicklung der Skalen Sinnerfüllung und Sinnkrise aus. Nach dem Pilgern zeigen die Untersuchungsteilnehmer signifikant niedrigere Werte in der Sinnkrise und signifikant höhere Werte in der Sinnerfüllung.

Nach dem Pilgern finden sich die Lebensbedeutungen erneut stark in der Selbstverwirklichung, aber auch im Wir– und Wohlgefühl, besonders in der Skala Gemeinschaft. Die Naturverbundenheit und der Bezug zu religiösen bzw. spirituellen Themen (Selbsttranszendenz vertikal) nehmen nach dem Pilgern einen deutlich größeren Stellenwert ein, ebenso die eigene Gesundheit. Zusammengefasst könnte man sagen, dass sich das Bild eines sich selbst und anderen umsorgenden Menschen abzeichnet, dem die Natur und der spirituelle Bezug zu der eigenen Wirklichkeit wichtig geworden sind.

Diese Arbeit zeigt, dass der Prozess des Pilgerns eine äußerliche, aber auch eine innerliche Bewegung ist, die zu mehr Sinnerfüllung im Leben führt.

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